HINEIN IN DEN GRAUENDEN MORGEN
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- Erstellt: 22. August 2021
HINEIN IN DEN GRAUENDEN MORGEN
„Drei, zwei, ein L i e d !“, hieß es beim Marsch der Soldaten, wenn er ihnen aus Gründen der Mobilität nicht geblasen werden konnte, so dass sie ihn selber singen oder ggf. brüllen mussten. „Heute wollen wir marschier’n, einen neuen Marsch probier’n, in dem schönen Westerwald, denn da pfeift der Wind so kalt.“ Ja, der Marsch, der hat 'nen Rhythmus, so dass im Gleichschritt gleich ein jeder mitmuss. Und so ist mancher mitgelaufen, der es vielleicht gar nicht wollte, geradewegs in den Tod.
Selbst in den Konzentrationslagern war es üblich, dass die Häftlinge Marschlieder singen mussten, als läge ihre Zukunft, was die meisten wohl zurecht wähnten, im (M)arsch. Zum täglichen Bestandteil des Appellablaufes im KZ Buchenwald gehörte auf Geheiß der SS das Lied „Liegt ein Dörflein mitten im Walde / überdeckt vom Sonnenschein. / Und" – wer hätte es gedacht? – „vor dem letzten Haus an der Halde / sitzt ein steinalt‘ Mütterlein“, nach dem Gedicht „So einer war auch er“ von Arno Holz (1863-1929).
Der im KZ Buchenwald als Schutzhaftlager-Führer eingesetzte SS-Offizier Arthur Rödl forderte Ende 1938 Häftlinge auf, für das Lager in Buchenwald ein weniger rührseliges Lied zu schreiben. „Alle anderen Lager haben ein Lied“, erklärte er, „wir müssen auch ein Buchenwald-Lied bekommen. Wer eines macht, bekommt 10 Mark.“
Viele Entwürfe von selbsternannten „Dichtern“ und „Komponisten“ wurden vorgelegt, fanden aber bei der SS-Führung keinen Beifall. Nur das Lied, das schließlich auch zur offiziellen „Buchenwald-Hymne“ erklärt wurde, setzte sich durch, weil der Capo, ein „Funktionshäftling“, der die Poststelle verwaltete, über die nötigen Verbindungen bei der SS verfügte. Er bezeichnete sich selbst als Verfasser von Wort und Melodie des Liedes.
In Wahrheit ist das Lied von zwei österreichischen Häftlingen gemacht: der Text von Löhner-Beda, die Musik von Leopoldi, einem Wiener Klavierhumoristen und Komponisten. Beide waren zunächst ins KZ Dachau überstellt worden. Später, im September 1938, hatte man sie ins KZ Buchenwald deportiert.
Das „Buchenwaldlied“ wurde Standard beim Appell und anderen Gelegenheiten. So wurde es im KZ Buchenwald auch als Marschlied gespielt, wenn die Arbeitskolonnen ein- und auszogen.
Wenn der Tag erwacht, eh’ die Sonne lacht,
die Kolonnen ziehn zu des Tages Mühn
hinein in den grauenden Morgen.
Und der Wald ist schwarz und der Himmel rot,
und wir tragen im Brotsack ein Stückchen Brot
und im Herzen, im Herzen die Sorgen.
O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen,
weil du mein Schicksal bist.
Wer dich verließ, der kann es erst ermessen,
wie wundervoll die Freiheit ist!
O Buchenwald, wir jammern nicht und klagen,
und was auch unser Schicksal sei,
wir wollen trotzdem j a zum Leben sagen,
denn einmal kommt der Tag, dann sind wir frei!
Der Auftraggeber des Durchhalteliedes wider den „grauenden Morgen“ wurde in den letzten Kriegsjahren zum „Höheren SS- und Polizeiführer“ befördert. Hierzu war er in die Ukraine nach Kiew beordert worden. 1944 wurde er zur Waffen-SS versetzt. Vor dem absehbaren Ende, das sich ihm dort unmittelbar zeigte, „graute“ ihm alsbald, so dass er sich mit einer Handgranate in die Luft sprengte. Das zum Thema: „Wir wollen trotzdem j a zum Leben sagen“.
Der Texter des Buchenwald-Marsches, Fritz Lohner, Pseudonym Beda, meist Löhner-Beda genannt (schrieb u. a. für Franz Lehár „Das Land des Lächelns“, für Paul Abraham „Viktoria und ihr Husar“, „Die Blume von Hawaii“ und „Ball im Savoy“), wurde im Herbst 1942 nach Auschwitz deportiert. Dort musste er im BUNA-Werk der IG Farben AG Zwangsarbeit leisten. Nachdem eine Gruppe inspizierender I.G.-Farben-Direktoren die Arbeitsleistung des erkrankten 59-Jährigen bemängelt hatte, habe einer von ihnen zu seinem SS-Begleiter gesagt: „Diese Judensau könnte auch rascher arbeiten.“ Nachdem die Inspektion vorbei war, wurde Dr. Löhner-Beda aus dem Arbeitskommando geholt, von einem Capo geschlagen und mit Füßen getreten, so dass er als Sterbender zum Lager zurückkam und sein Leben in der I.G.-Fabrik Auschwitz beendete.
Für den Komponisten Herrmann Leopoldi ergab sich hingegen ein glücklicherer „Ausweg“. Seine Frau, die bereits in den USA war, und deren Eltern konnten Leopoldi „freikaufen“ und schickten ein „Affidavit“ (engl. deponent oder affiant). Damit konnten während der Zeit des Nationalsozialismus Familienangehörige, Freunde und qualifizierte Organisationen in Staaten außerhalb Deutschlands (nach dem „Anschluss“ außerhalb Deutschlands und Österreichs) mit einer beglaubigten Bürgschaftserklärung Verfolgten die Einreise in Überseeländer (Vereinigtes Königreich, USA) ermöglichen, die dadurch der nationalsozialistischen Verfolgung auf dem Kontinent entkamen.
Leopoldi gelangte über Hamburg nach New York, wo er von Familie und Reportern erwartet wurde. Gleich nach dem Betreten amerikanischen Bodens kniete er sich nieder und küsste ihn. Ein Pressefoto, das ihn mit dieser Geste zeigt, ging um die Welt. Die Popularität half ihm beim Einstieg in das amerikanische Unterhaltungsgeschäft. Bald trat er in New York mit seinen Wiener Liedern auf und lernte dort Helly Möslein, seine Bühnen- und spätere zweite Lebenspartnerin, kennen.
Leopoldis Repertoire wurde an die neue Sprache angepasst. Mit „I am a quiet Drinker“ (I‘ bin a stiller Zecher ... drum mach I so ein Lärm) oder „A Little Café Down the Street“ (In einem kleinen Café in Hernals spielt's Grammophon mit leisem Ton an English-Waltz) konnten beide bald mit großem Erfolg eigene Vorstellungen in deutschsprachigen New Yorker Exilcafés, wie dem „Old Vienna“ oder im „Viennese Lantern“, und auch in anderen Städten der USA geben.
Ausfluss seiner amerikanischen Erfahrungen war wohl ebenso der Schlager „Schnucki, ach Schnucki! Fahr’ ma nach Kentucky. In der Bar Old Shatterhand, da spielt a Indianerband.“ Die Reimentsprechung von besagtem Schnucki und dem Staat Kentucky über ein gleichlautendes „u" war damals im deutschen Sprachraum noch weitgehend akzeptiert.
Leopoldi und Möslein kehrten 1947 nach Wien zurück. Leopoldi konnte dort weitermachen, wo er 1938 aufhören musste. Varietés und Vergnügungslokale rissen sich um ihn. Hits wurden u. a. „Der Krankenkassenpatient, der nur zum Doktor rennt ...“, „A guater Tropfen, so dreimal täglich, das ist die beste Medizin“, „I bin a unverbesserlicher Optimist, das Leben muss man nehmen, wie es ist“, „Schön ist so ein Ringelspiel! Das is a Hetz und kost' net viel“, „In der Barnabitengassen hat sie sich dann bitten lassen", „Powidltatschkerln aus der schönen Tschechoslowakei“ und derart spaßige Lieder mehr. Sein Werk umfasst gut hundert Chansons und Schlager.
Er unternahm Tourneen durch Österreich, Deutschland und die Schweiz. Viele seine Wiener Humoresken wurden als Schallplatte in Schellack gepresst. Darunter ein Klassiker schon zu seinen Lebzeiten, in dem es heißt:
„… Wird aus dem Buam ein junger Mann,
was fangt man dann mit ihm nur an?
Und die Familie sagt dies und sagt das,
jeder weiß etwas und keiner weiß was.
Schließlich sagt der Onkel Heinz:
Ich glaub, es gibt nur eins!
Am besten hat's ein F i x a n g e s t e l l t e r
mit Pensionsberechtigung, mit Pensionsberechtigung.
Und wird er auch dabei täglich älter
die Pensionsberechtigung erhält ihn jung.
Er hat am Ersten nix, er hat am Zweiten nix,
aber was er hat, das hat er fix.
Doch die Gehaltsaufbesserung,
die bringt ihn erst in Schwung, Schwung, Schwung ...“
Was Leopoldi betraf, den sein notorischer Optimismus, wenn nicht „jung", so doch noch lange Zeit in „Schwung, Schwung, Schwung" gehalten hatte, war er letzthin 71 Jahre alt geworden, als er am 28. Juni 1959 das Zeitliche segnete. Auf dem Wiener Zentralfriedhof erhielt er ein Ehrengrab.
Dr. Erwin Isenberg
Alte Noten-Schätzchen
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- Erstellt: 03. Juni 2020
23. Mai 2020 Hilchenbach
Der "Teufel" steckt im Detail
Das Galakonzert im Apollo Thater Siegen
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- Erstellt: 08. Oktober 2019
Das 17. Galakonzert der Chorgemeinschaft Kreuztal 1851 e.V. mit dem MAKSi Akademieorchester hat dieses Jahr im Apollo Siegen stattgefunden.
Hier der Bericht aus der Siegener Zeitung von Isabelle Lippitz
HUGO sagt "Servus"
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- Erstellt: 04. April 2019
HUGO der Wassergeist und der dunkle Taucher
Erfolgreiche Premiere am 31. März 2019 in Kreuztal-Eichen
Hier der Pressebericht aus der Siegener Zeitung
HUGO, der Wassergeist (neue Inszenierung)
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- Erstellt: 12. April 2018
Hier Online Karten bestellen (Pro Ticket)
oder telefonisch: kreuztalkultur 02732 51324
"Hugo, der Wassergeist... und der dunkle Taucher"
Eichen-Kreuztal, Eichener Hamer 31. März 2019, 15:00 Uhr
Aus dem Kulturprogramm von KreuztalKultur
Buch: Elke Gold I Musik: Maurizio Quaremba I Bühnenbild und Kostümgestaltung: Ulrich Bender I Kostümschneiderei: Hannelore Vollmer I Choreografie: Carolin Borromeo Ferri und das Ballett der www.akzep-tanzen.de I Regie: Fynn Engelkes und Najib El-Chartouni
Pressebericht aus der SIEGENER ZEITUNG von Claudia Irle-Utsch
Musical-DarstellerInnen gesucht!
Wer bei HUGO mitspielen möchte, sendet uns bitte
eine kurze Bewerbung und ein kleines Video
(mind. 2 Minuten) mit gesprochenem Text und Gesang.
Bewerbungen und Infos bitte an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Ein Familienmusical für Kinder ab 7 Jahren
In der Neuinszenierung des erfolgreichen FAMILIENMUSICALS, das erstmalig im Dezember 2015 in der Stadthalle Kreuztal aufgeführt wurde, erleben Hugo und seine Freunde aufregende Abenteuer im Unterwasserland. Mit dem Chor VOCALE UNISONO, einer LIVE-BAND und vielen jungen Darstellerinnen und Darstellern verwandelt sich auch diesmal die Bühne in ein farbenprächtiges Unterwasserparadies, in dem Fische, Hummer, Seepferdchen, Hugo und viele andere Meeresbewohner ungestört leben und feiern könnten, wenn nicht ... Aber wir wollen hier nicht zu viel verraten.
Gefördert von:
Volksbank Siegerland eG
www.reitanlage-am-sonnenhang.de
Die Krönung?
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- Erstellt: 20. März 2018
Warum mit Fragezeichen? – Ganz ohne Frage, sie wird stattfinden, wenn es um die Aufführung der Krönungsmesse geht. Im Rahmen des Chorprojekts Bach & Mozart des Augustinus-Chores Dahlbruch mit dem Kirchenchor St. Severinus Wenden und Gastsängerinnen und -sängern, Solisten und dem MAKSi-Orchester unter der Gesamtleitung von Maurizio Quaremba wird sie am Sonntag, den 1. Juli 2018, um 17 Uhr in der St.-Augustinus-Kirche in Dahlbruch zu hören sein. Die Proben hierzu beginnen schon ab März.
Aber warum heißt die so populäre Konzertmesse „Krönungsmesse“? Johannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus oder auch Amadeus, dem Namen nach jedenfalls der „von Gott geliebte“ Mozart hat sie selbst nie als solche bezeichnet.
Sehr wahrscheinlich hat er die Partitur, richtet man sich nach seinem handschriftlichen Chronogramm, am 23. März 1779 vollendet. Zu dieser Zeit war man von einem Krönungsanlass, zumindest im Hause Habsburg, weit entfernt und auch eine neuerliche Erhebung zum König oder Kaiser nicht in Sicht. Joseph II. (1741- 1790), Sohn aus der Ehe von Franz Stephan und Erzherzogin Maria Theresia von Österreich, einzige Erbin Kaiser Karls VI., war ab 1764 römisch-deutscher König und wurde 1765 zum römischen Kaiser gekrönt. Er hatte keine Söhne, so dass sein jüngerer Bruder Leopold nach seinem Tod 1790 römisch deutscher König und Kaiser wurde. Für dessen Krönung erging an Mozart in der Tat der Auftrag für eine Komposition, allerdings für eine Oper, die den Titel „La clemenza di Tito“ (dt. „Die Milde des Titus“) trägt. Auf Kaiser Leopold II. folgte 1792 Franz II. zugleich der letzte römisch-deutsche König und Kaiser, der ab 1806 mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation als Franz I. nur noch Kaiser von Österreich war.
Wie gesagt, 1779, der Zeitpunkt der Fertigstellung der besagten Messkomposition – nicht die letzte von insgesamt elf Konzertmessen, die auf dem Grundton C aufbauen – liegt im deutlichen Abstand zwischen den Krönungsfeierlichkeiten nach 1765 und vor 1790. Sie fanden allesamt in Frankfurt statt. Schließlich 1792, zur Krönung von Franz II., war Mozart († 1791) bereits tot.
Als er die so genannte Krönungsmesse schrieb, war Fürst- und Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo von Waldsee und Mels (1732-1812) sein Dienstherr. Mozart, der seit dem 17. Jänner 1779 nach längeren Konzertreisen und vergeblicher Stellensuche erneut bei ihm als Hoforganist eine Anstellung fand, könnte sie für ein Hochamt am Salzburger Dom vorgesehen haben. Das Osterfest fiel damals auf den 4. April, so dass für die Ausführenden noch ausreichend Zeit war, sie einzustudieren.
Zu Mozarts kirchenmusikalischem Œvre zählten am Ende seines viel zu kurzen Lebens 17 Messen, als letzte ein Requiem. Neben einer Missa longa, Missa solemnis und der großen Messe in c-Moll, waren es meistens Messen in der kurzen Fassung einer Missa brevis. Letztere umfasste zwar die Vertonung des gesamten Messordinariums, d. h. Kyrie (in der Krönungsmesse: Andante maestoso … Più andante), Gloria (Allegretto con spirito), Credo (Allegro molto – Adagio – Tempo I), Sanctus (Andante maestoso – Allegro assai, dazugehörend Benedictus (Allegretto – Allegro assai) und Agnus Dei (Andante sostenuto – Allegro con spirito), aber mit Rücksicht auf die Gesamtlänge des Gottesdienstes nur in betont knapper Weise. Von Colloredo ist bekannt, dass er bei der Zelebration der Eucharistiefeier nicht unnötig lange am Altar stehen und warten wollte, nach seiner Ansage: „Mach Er‘s kurz, Mozart!“
Hieronymus Graf Colloredo von Waldsee und Mels
Fürst- und Erzbischof von Salzburg
Der Erzbischof war ein Verfechter von Reformen im Sinne der damaligen katholischen Aufklärung. In diesem Geiste erließ er auch viele kirchliche Verordnungen und griff dabei oftmals in religiöse und nichtreligiöse Bräuche ein. Seinerzeit wurde im Volksmund kolportiert: „Unser Fürst von Colloredo hat weder Gloria noch Credo“. Er untersagte Wallfahrten und Bittgänge generell, Kirchenschmuck und Kirchenmusik schränkte er auf das notwendige Maß ein. Im Bereich der neuen Gottesdienstordnung gehörte allerdings zu seinen Anordnungen auch die Einführung des deutschen Volksgesanges während der Messe.
Nach einer sich hartnäckig haltenden Legende, die 1907 der Mozart-Enthusiast Johann Evangelist Engl in die Welt gesetzt hat, soll er die Messe für das Krönungsfest in der Wallfahrtsbasilika Mariæ Himmelfahrt auf dem Plainberg nördlich der Stadt Salzburg, das im Jahre 1779 erstmals am 27. Juni eingeführt wurde und seitdem alljährlich begangen wird, komponiert haben. Einen schriftlichen Beleg für einen solchen Auftrag gibt es allerdings nicht. Vielmehr ist der Name Krönungsmesse erst 1862 in der Erstauflage des Köchelverzeichnis‘ schriftlich nachgewiesen. Möglicherweise wurde die Messe KV 317 erst nach Mozarts Tod zur bevorzugten Komposition für Gottesdienste bei Kaiser- und Königskrönungen sowie bei Dankgottesdiensten. Zum ersten Mal könnte sie 1792 im Rahmen der Krönungsfeierlichkeiten für Kaiser Franz II. verwendet worden sein. Allerdings gibt es hierfür, nach gegenwärtigem Kenntnistand, keinen Beleg. Das gilt ebenso für die nachfolgenden Monarchen. Als Franz II., nachmals Franz I. Kaiser von Österreich 1835 verstarb kam sein erstgeborener Sohn Ferdinand I. (1793-1875) auf den Thron. Jener war von Geburt an mit einem Handicap behaftet. Weniger Wohlwollende sprachen von „Ferdinand dem Depperten“, Gutmeinende gaben ihm den euphemistischen Beinamen „der Gütige“, im Volksmund verballhornt auch als „Gütinand der Fertige“. In der Tat machte ihn seine außerordentliche Führungs- und Entscheidungsschwäche unfähig zur Alleinregierung. Ab 1848 war er „Kaiser im Ruhestand“. Nicht sein Bruder Franz Karl, sondern dessen Sohn Franz Joseph († 1916) übernahm daraufhin das Regiment.
Die ursprünglich nur interne Bezeichnung Krönungsmesse – zu wessen Krönung auch immer (oder gar nicht) – dürfte, wahrscheinlich ausgehend von Gepflogenheiten der Wiener Hofmusikkapelle, bald Allgemeingut geworden sein.
Jedenfalls dürfen wir sie heute als ein „krönendes Werk“ von Mozarts kirchenmusikalischem Schaffen ansehen – Was heißt ansehen? Am besten „anhören“, wie gesagt, am 1. Juli beim Konzert in Dahlbruch.
Dr. Erwin Isenberg
Rideamus! Im Ernst, die heitere Operette zwischen den beiden Weltkriegen
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- Erstellt: 03. März 2018
Das lateinische „Rideamus“ heißt zu deutsch: „Lasst uns lachen!“ Das war nicht nur das Pseudonym von Fritz Oliven (1874-1956), einem jüdischen Rechtsanwalt, bekannt geworden als humoristischer Lyriker, Librettist und Revuedichter (u. a. „Der Vetter aus Dingsda“, Musik Eduard Künneke), sondern auch namengebend für das Wiener Unterhaltungstheater „Bunte Bühne Rideamus“, an dem schon vor dem Ersten Weltkrieg Ralph Benatzky („Im weißen Rössl“) als Korrepetitor und Kapellmeister arbeitete.Weltkriege als Zeitmarken lassen eher vermuten, dass den Leuten zwischenzeitlich das Lachen vergangen sein müsste. Doch Überleben heißt auch Wiederaufleben. Wer nicht schwermütig wurde, mochte – wie zum Trotz – übermütig werden. In diesem Sinne lebte nach dem Ersten Weltkrieg, in den besagten Goldenen Zwanzigern, eine erstaunliche Kreativität auf, die auf allen Gebieten – oft noch aus wirtschaftlicher Not geboren – Innovationen hervorbrachte. Auch auf dem Gebiet des „Amüsements“, das vielen zu dieser Zeit nicht minder lebensnotwendig erschien. Wenn es denn nach dem menschengemachten Wahn-Sinn des Krieges alles keinen Sinn mehr machen sollte, wollte man sich wenigstens am Un-Sinn erfreuen. Wenn nicht gerade totlachen, so wollten es die Leute doch vor Vergnügen krachen lassen. Wie gesagt: „Rideamus!“
Varieté, Kabarett, Revue, Tingel-Tangel, Schwank und Schwof, Boulevard und – als die Tonspur laufen lernte – Lichtspieltheater, bald allerorten. Wo sich der Kintopp einst noch sprachlos gab – bestenfalls kommentierte ein Filmerzähler die Handlung –, tönte es nun selbstredend aus den Lautsprechern. Nicht nur das Geknatter gesprochener Worte war angesagt, sondern leidlich, soweit technisch möglich, sollte auch Musik erklingen. Der Melodienreigen, die große Revue nunmehr selbst auch im kleinen, nur selten genutzten Saal einer Dorfkneipe. Wenn die Filmmusik „Anklang“ fand, den Geschmacksnerv des Publikums traf, also regelrecht „einschlug“, hinterließ sie jene „Schlager“, die sich als Ohrwürmer ins Gedächtnis einkrochen. Damit sie sich nicht irgendwann verkrochen, konnte man sie, wenn sie erst mal in Schellack gepresst waren, immer wieder in Erinnerung rufen. Moderne Zeiten.
Wo blieb denn da noch Bedarf für das Unterhaltungstheater, für ein leibhaftiges Bühnengeschehen, den Gesang aus Kehlen, nicht aus Lautsprechern, neudeutsch für eine „Life-Performance“? Wo blieb denn da die, ach, „so nette“ Operette?
Für Systematiker, die es mögen, epochale Zeitmarken zu setzen, ist die „Goldene Operettenära“ zu jener Zeit, also um die letzte Jahrhundertwende, schon zu Ende. Von 1900 bis 1920 spricht man in diesen Kreisen gerne von der „Silbernen Operettenära“, als deren Hauptvertreter u. a. Franz Lehár, Leo Fall, Emmerich Kálmán und Ralph Benatzky genannt werden. Durchaus ist diese Zeit noch geprägt von einer wirtschaftlichen Blüte des Genres Operette und zahlreichen Theaterneugründungen oder Umwandlungen zu ihren Gunsten. Für die Operette erbaut wurden etwa das Johann Strauß-Theater, das Wiener Bürgertheater oder das Wiener Stadttheater. Zugleich war dies eine Zeit der zunehmenden Internationalisierung der Wiener Operette, die sich in fast zeitgleichen Ur- beziehungsweise Erstaufführungen in Wien, Berlin und New York City zeigt. Dort machte sich später das „Musical“, ausgehend vom Broadway, breit.
Aber auch die silberne Ära der Operette endete schließlich, spätestens mit dem Siegeszug der Revue sowie des Kinofilms in den 1920er-Jahren. Nachfolgende Operetten werden oft der „bronzenen“ oder spöttisch auch der „blechernen Ära“ zugeordnet. Mit Vorliebe erfuhr das Zeitgenössische der neueren Operetten eine Abwertung gegenüber der verklärten „Alt-Wien-Mode“.
Damals ragten jüdische Komponisten und Librettisten besonders heraus, so dass auch ein verstärkter Antisemitismus in der NS-Zeit als Grund für die Herabstufung verantwortlich sein könnte. Um nur einige Komponisten zu nennen: Paul Abraham („Blume von Hawai“, „Viktoria und Ihr Husar“) war ungarisch-deutscher Komponist jüdischer Abstammung (geb. 1892 in der donauschwäbischen Gemeinde Apatin) und gezwungen nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zurück nach Budapest zu gehen. Seine Musik wurde im Deutschen Reich geächtet. Aufgrund der faschistischen Umtriebe, die auch Ungarn erreicht hatten, musste er schließlich Budapest verlassen. Er flüchtete nach Paris. 1940 kam er über Kuba nach New York, wo er aber nicht Fuß fassen konnte.
„Die Blume von Hawaii“ von Paul Abraham
Auch der 1884 im mährischen Budwitz geborene Ralph Benatzky („Im weißen Rössl“), den das „hakenkreuzlerische Leben“, wie er es schon 1924 in seinem Tagebuch nannte, zunehmend ängstigte, zog es schließlich in die Schweiz. Nachdem ihm dort die Staatsbürgerschaft verweigert worden war, emigrierte er 1940 in die USA.
Eduard Künneke (u. a. „Glückliche Reise“) wurde 1933 zwar Mitglied der NSDAP, aber bereits ein Jahr später wegen „nichtarischer Versippung“ wieder ausgeschlossen.
Fred Raymond („Maske in Blau“) komponierte in den 1930er Jahren zahlreiche Operetten und widmete sich auch dem neuen Medium Tonfilm. Zur Wehrmacht eingezogen, was für ihn als lebensfrohen Menschen ein schmerzlicher Einschnitt bedeutete, soll er eine Durchhalte-Operette schreiben, woraus aber nichts wird. Ein einziger Schlager wird noch sehr populär, zumal ihn Lale Andersen weltbekannt machte. Der Titel lautete: „Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei“. Als aber die Menschen darauf reimen „selbst Adolf Hitler und seine Partei" wird er verboten.
Die genannten Operettenkomponisten, das stand jedenfalls fest, waren allesamt Meister ihres Fachs. Paul Abraham studierte an der Königlich-Ungarischen Musikakademie Kompositionslehre.
Rudolph Josef František Benatzky war Schüler von Antonín Dvořák in Prag. Dort und in Wien studierte er Germanistik, Philosophie und Musik und wurde im Jahre 1910 mit einer Arbeit über „Goethe und das Volkslied“ zum Doktor der Philosophie promoviert.
Eduard Künneke 1931 vor dem Rundfunkempfänger
Eduard Künneke besuchte 1905 bis 1906 eine Meisterklasse bei Max Bruch. Danach war er als Korrepetitor und Chorleiter am Neuen Operettentheater am Schiffbauerdamm in Berlin tätig. Während seiner Kapellmeisterzeit am Deutschen Theater komponierte Künneke für die Max-Reinhardt-Inszenierung des „Faust II“ die Bühnenmusik.
Fred Raymond, eigentlich Friedrich Raimund Vesely – beide Elternteile waren tschechischer Herkunft – kann man im besten Wortsinn als begabten Dilettanten bezeichnen. Er begann eine Banklehre bei der Österreichischen Nationalbank und besuchte nebenher mit einem Stipendium die Welthandelsakademie. Musik machte er damals nur zum eigenen Vergnügen und nahm nebenbei Unterricht in Klavier und Harmonielehre am Wiener Konservatorium.
Die Operettenmusik jener Jahre zwischen den Weltkriegen sollte nicht sang- und klanglos in Vergessenheit geraten. In ihrer Art war sie meisterhaft und verdient es, auch heute wieder gespielt und gesungen zu werden. Diesem Anliegen kommt 2018 die nächste Gala in Kreuztal nach. Man darf ihren Ausführenden und dem Publikum mit den wunderschönen, schmissigen Melodien eine „Glückliche Reise“ in das Reich der Operette wünschen.
Dr. Erwin Isenberg